Die Stillberaterin Annette Saloma von der La Leche Liga schreibt dem Gesundheitstipp, Ibuprofen sei ein geeignetes Schmerzmittel in der Stillzeit. Ähnlich äussert sich der Berufsverband der Still- und Laktationsberaterinnen. Leider würden viele Frauen abstillen oder eine Stillpause einlegen, wenn sie Medikamente nehmen müssen. Dies sei aber unnötig und geschehe «mangels fachkompetenter Betreuung». Andere Stillberaterinnen schreiben, das Kind verlerne das Stillen an der Brust, wenn man ihm vorübergehend den Schoppen gebe.
Langfristige Wirkung von Ibuprofen ist unklar
Der Grund für die vielen Schreiben an die Redaktion des Gesundheitstipp: Er riet einer Mutter, die ihr Baby stillte, auf das Medikament Ibuprofen zu verzichten oder dem Säugling vorübergehend Pulvermilch zu geben (Gesundheitstipp 3/2018).
Ibuprofen ist nicht nur ein starkes Schmerzmittel, es hemmt auch Entzündungen. Viele Rheumapatienten nehmen es deshalb ein. Für Gesundheitstipp-Ärztin Elisabeth Wanner ist klar: Wenn ein Arzt einer Frau während der Stillzeit Ibuprofen verschreibt, müsse er die Verantwortung tragen. Die Packungsbeilage enthalte einen Hinweis, wonach man Ibuprofen nicht in der Stillzeit einsetzen sollte.
Auch andere Fachleute und Fachorganisationen empfehlen das Schmerzmittel nicht oder nur eingeschränkt. Ursula von Mandach ist Präsidentin der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für Perinatale Pharmakologie. Sie sagt: Nehme eine stillende Mutter zwei bis drei Tage lang Ibuprofen, sei das zwar kein Problem. Dauert die Behandlung aber länger, empfiehlt sie, dem Baby vorübergehend Pulvermilch zu geben. Der Grund: «Es gibt keine Studien dazu, wie sich die langfristige Einnahme von Ibuprofen auf das gestillte Baby auswirkt.»
Auch die britische Fachgesellschaft der Gynäkologen empfiehlt Ibuprofen lediglich unmittelbar nach der Geburt, wenn die Mutter wegen eines Kaiserschnitts oder eines Dammrisses Schmerzen hat. Die Begründung: So kurz nach der Geburt habe die Mutter nur wenig Milch – diese werde deshalb nicht so stark mit dem Medikament belastet wie nach dem Milcheinschuss.
Hersteller Novartis rät stillenden Müttern von Ibuprofen ab: Sei eine Behandlung mit dem Schmerzmittel nötig, solle man dem Säugling «Flaschennahrung» geben.
Die Alternative: Präparat mit Paracetamol
Viele Fachleute sagen, Präparate mit dem Wirkstoff Paracetamol seien für stillende Mütter besser. Er ist in Medikamenten wie Panadol oder Dafalgan enthalten. Gesundheitstipp-Ärztin Elisabeth Wanner sagt, es seien «keine bleibenden nachteiligen Folgen für den Säugling bekannt». Die britische Fachgesellschaft der Gynäkologen rät ebenfalls zu Paracetamol. Auch für den Basler Arzt Urspeter Masche ist Paracetamol die erste Wahl: «Einer stillenden Frau würde ich Paracetamol empfehlen, weil es besser verträglich ist.»