Grosser Hut, Sonnencreme mit Schutzfaktor 50 und ein Shirt mit langen Ärmeln: Sobald ich das Haus verlasse, achte ich darauf, dass ich möglichst wenig direkte Sonnenstrahlen abbekomme. Wenn ich mit Freundinnen in ein Café gehe, wählen wir einen Schattenplatz.
Ich habe Vitiligo, die Weissfleckenkrankheit. Auf meiner Haut breiten sich Stellen aus, die keine Pigmente mehr herstellen und deshalb fast weiss sind. Die Krankheit ist zwar nicht gefährlich. Aber an hellen Hautstellen kann ich schlimme Sonnenbrände bekommen.
Als ich mit 18 die ersten weissen Flecken am Bauch bemerkte, dachte ich zuerst, ich hätte ein Ekzem. Als der Arzt von Vitiligo sprach, war ich ratlos. Ich kannte die Krankheit nicht. Ich hatte zudem Angst, dass sie sich auf der Haut ausbreiten werde. Meine Hautärztin empfahl mir eine Therapie mit UVA- und UVB-Strahlen. So soll die Haut wieder Pigmente herstellen. Man muss die Behandlung aber regelmässig machen.
Das verleidete mir. Zudem glaubte ich nicht daran, dass sie tatsächlich wirken würde. Im Winter sieht man meine Flecken kaum, da meine Haut ohnehin sehr hell ist. Und mein Gesicht ist nicht betroffen, ausser am Haaransatz. Aber wenn sich meine gesunde Haut im Frühling ein wenig bräunt, denke ich stets: «Jetzt sehen die Leute die Flecken an meinen Händen und Armen.» Das stört mich. Im Büro trage ich darum auch im Sommer langärmlige Blusen. Vielleicht mache ich mir zu viele Gedanken über mein Aussehen.
In einer Lebensphase, in der viel los war, bekam ich viele neue Flecken: an Bauch und Rücken, Hals, Armen und Händen. In den vergangenen zehn Jahren wurde es in meinem Leben ruhiger. Da hörten die Flecken auf, sich auszubreiten. Wenn ich jemanden zum Reden brauche, wende ich mich an meine Schwester. Sie bekam als Jugendliche ebenfalls Vitiligo. Ich kann mir vorstellen, dass ein Schockerlebnis die Krankheit mitverursacht hat: Als Teenager verloren wir unerwartet unseren Vater.
Wir sind bei einer Selbsthilfegruppe. Dort gibt es viele Informationen, und man trifft sich ab und zu. Es ist schön, das Gefühl zu haben, dass man nicht allein ist.
Viele Leute kennen Vitiligo nicht. Wenn ich zu einem neuen Physiotherapeuten oder in die Massage gehe, sage ich deshalb immer: «Das ist nicht ansteckend.» Ferien am Meer lasse ich mir trotzdem nicht nehmen. Einmal im Jahr fahren wir an den Strand. Wenn ich kurz ins Wasser gehe, reibe ich vorher Sonnencreme ein und gehe danach zurück in den Schatten. Oder ich sitze mit Hut und Shirt unter dem Sonnenschirm und schaue meinem Mann und meinem Kind beim «Sändele» zu.
Haut reagiert empfindlich auf die Sonne
Bei der Weissfleckenkrankheit oder Vitiligo bilden sich Zellen, welche die Pigmentzellen, die Melanozyten, zerstören. Die Haut bekommt helle Flecken und wird empfindlich auf Sonne.
Warum das passiert, ist unklar. Laut Forschern spielen die Gene eine Rolle, möglicherweise auch autoimmune Prozesse, Stress oder Hautschäden. Patienten haben keine Beschwerden. Die Krankheit ist nicht heilbar.
Weitere Informationen: Schweizerische Psoriasis- und Vitiligo-Gesellschaft, www.spvg.ch, info@spvg.ch