Am 14. Juni, kurz vor 18 Uhr, säumen Hunderte von Zuschauern die Strassen des Städtchens Sempach LU und feuern die Läuferinnen und Läufer des Hellebardenlaufs über 5,8 Kilometer an. Auf der Zielgeraden setzt Irma Süess zum Schlussspurt an. Aus den Lautsprechern dröhnt die Stimme des Speakers: «Hier kommt Irma Süess mit der Startnummer 205 – gratuliere zu dieser Riesenleistung!»
Die Zuschauer jubeln und applaudieren kräftig. Nach 38 Minuten und 56 Sekunden hat Irma Süess den ersten Lauf ihres Lebens geschafft. Kurz nach dem Zieleinlauf ist ihr Kopf noch hochrot, der Atem geht heftig, doch sie lacht erlöst. «So schnell bin ich noch nie gerannt», sagt sie mit Blick auf die Uhr, «ich hätte nie gedacht, dass ich das kann.»
Die gesteckten Ziele punktgenau erreicht
Auch Ursula Wyss erntete am 15. Juni am Frauenlauf in Bern die Lorbeeren für ihren Trainingseinsatz: Sie beendete die 10 Kilometer unter einer Stunde, wie sie es sich vorgenommen hatte, in exakt 59 Minuten und 9 Sekunden. Und Stefania Howald blieb beim Nachthalbmarathon über 21 Kilometer an den Bieler Lauftagen zwei Minuten unter ihrer gesetzten Grenze von 2 Stunden.
Die Rennen waren für die drei Frauen die Krönung von zehn Wochen harten Trainings. Fachleute sind begeistert über den Erfolg. Sandro Galli, Trainingsexperte am Sportmedizinischen Institut Movemed der Uniklinik Balgrist: «Die Teilnehmerinnen haben sich in dieser kurzen Zeit stark verbessert und können mit dem Geleisteten sehr zufrieden sein.» Die Aktion des Gesundheitstipp zeige schön auf, «dass es nie zu spät ist, mit körperlicher Aktivität anzufangen», sagt Galli. Denn der Mensch könne sich sein Leben lang körperlich verbessern.
Das Training fiel den drei Frauen nicht immer leicht. Manchmal plagte sie der innere Schweinehund und sie kämpften mit Müdigkeit und schweren Beinen. Doch dank des sanften Drucks, den die «Aktion Volkslauf» auf sie ausübte, hielten sie durch. Stefania Howald: «Ich habe mich verpflichtet gefühlt, den Trainingsplan so exakt wie möglich einzuhalten.» Irma Süess hat mit Hilfe des Gesundheitstipp überhaupt erst den Einstieg in den Sport geschafft: «Ich hatte vorher schon mehrmals erfolglos versucht, mich regelmässig zu bewegen.» Der «Kick zum Durchbeissen» habe ihr stets gefehlt. Die Aktion habe ihr den nötigen Rahmen gegeben. «Ich hatte endlich einen konkreten Plan und ein Ziel», sagt sie. Ähnlich erging es Ursula Wyss: «Ich wollte mir keine Blösse geben, weil ich wusste, dass viele Leute die Artikel lesen werden.» Und Stefania Howald sagt: «Ich wollte auch andere Leute für den Sport motivieren. Hätte ich schlappgemacht, wäre das keine gute Werbung gewesen.»
Experten bestätigen, dass ein gewisser Druck von aussen beim Sport hilft. Thomas Walser, Gesundheitstipp-Arzt und Marathonläufer, sagt: «Das Dranbleiben fürs regelmässige Training gelingt besser mit einem vorgegebenen Programm und einem Gruppendruck.»
Ausdauertraining ist äusserst gesund
Die «Aktion Volkslauf» läutete für Süess, Wyss und Howald gleichzeitig den Beginn eines aktiveren und damit gesünderen Lebensstils ein. Denn bei allen hat das Training positive Spuren hinterlassen. Irma Süess: «Seit ich trainiere, sind meine Migräneanfälle verschwunden.» Zudem sei ihr Cholesterinwert im Blut gesunken und sie leide auch weniger an ihren Wechseljahrbeschwerden.
Das erstaunt nicht. Viele Studien belegen den Nutzen von Ausdauertraining wie Walken, Velofahren, Schwimmen und Joggen. Es bringt Herz- und Kreislauf in Schwung, lindert Depressionen, schützt vor Diabetes und Herzinfarkt und sogar vor Krebs. Irma Süess sagt, ihre Lebensqualität sei deutlich gestiegen. Fast jedes Mal könne sie nach einer Joggingrunde zu sich sagen, «ich habe es geschafft». Das gebe Selbstvertrauen und Zufriedenheit.
Für Ursula Wyss war die «Aktion Volkslauf» Anlass, aus dem Alltagstrott auszubrechen. Wyss: «Ich bin fröhlicher und aufgestellter als vorher.» Jetzt habe sie ihre fixen Trainingstage. «Es tut mir gut, Zeit für mich selber zu haben.»
Alle drei Teilnehmerinnen haben sich bereits neue Ziele gesteckt. Stefania Howald will sich für den Jungfrau-Marathon im September vorbereiten. Dabei will sie aber nicht an ihre Grenzen gehen: «Für mich stehen Spass und Freude im Vordergrund.» Ursula Wyss hat sich für nächstes Jahr vorgenommen, den Berner Frauenlauf unter 55 Minuten zu rennen. Und Irma Süess liebäugelt mit der 10-Kilometer-Distanz.
Tipps: Wann beginnen Sie mit dem Joggen?
Die wichtigsten Tipps für Einsteiger:
- Gehen Sie vorgängig zum Hausarzt, wenn Sie Zweifel an Ihrem Gesundheitsstand haben oder älter als 40 Jahre sind
- Beginnen Sie mit einer Stunde zügigem Gehen, mehrmals pro Woche
- Joggen Sie dazwischen einige Minuten am Stück
- Achten Sie darauf, dass Sie während des Joggens stets noch reden können
- Legen Sie nach einem Trainingstag einen Ruhetag ein
- Suchen Sie sich einen Laufpartner oder schliessen Sie sich einem Lauftreff an
- Hinweise auf Volksläufe finden Sie im «Lauf Guide» von Swissathletics, zu bestellen unter
www.swiss-running.ch