Die Schmerzen kamen erstmals an einem Sommertag im Jahr 2015. «Es fühlte sich an, wie wenn mir ständig jemand den Ellbogen in den Brustkorb stossen würde», erzählt die 26-jährige N. S. aus Samstagern ZH. Trotzdem ging sie arbeiten. Doch es wurde schlimmer: «Mit der Zeit konnte ich kaum mehr atmen. Ich hatte Todesangst.» Sie ging ins Spital. Dort stellten die Ärzte schwere Lungenembolien in beiden Lungenflügeln fest. Mehrere Gerinnsel hatten Blutgefässe in ihrer Lunge verstopft. Als möglichen Grund vermuteten die Ärzte die «Einnahme der Antibabypille (Minerva)». So steht es im Spitalbericht, der dem Gesundheitstipp vorliegt.
Pikant: Der Hausarzt von N. S. hätte ihr Minerva gar nicht verschreiben dürfen. Denn die Pille Minerva und das Originalpräparat «Diane 35» mit dem gleichen Wirkstoff sind schon seit 2011 nicht mehr als Antibabypillen zugelassen. Ärzte dürfen sie nur noch als Medikament gegen schwere Akne verschreiben. Grund: Das Risiko für gefährliche Blutgerinnsel ist hoch. Junge, gesunde Frauen erlitten schwere Nebenwirkungen, wie etwa Lungenembolien. Es kam sogar zu Todesfällen. Bei schwerer Akne nimmt man diese Risiken in Kauf, nicht aber bei der Pille, die Ärzte gesunden Frauen verschreiben.
«Verschreibung ist ein ärztlicher Kunstfehler»
Für den deutschen Arzt und Apotheker Wolfgang Becker-Brüser ist klar: «Wenn ein Arzt Minerva ausschliesslich zur Empfängnisverhütung verschreibt, erachte ich dies als Kunstfehler.»
Es gibt viele Alternativen zu Minerva. Pillen mit dem Wirkstoff Levonorgestrel haben das kleinste Risiko für Thrombosen. Dazu gehören Präparate wie zum Beispiel Effilevo, Elyfem 20/30 oder Ologyn.
Die Patientin spürt die Folgen jeden Tag
Die Patientin N. S. sagt heute: «Ich spüre die Folgen der Lungenembolie jeden Tag.» Sie werde schnell müde und kurzatmig. «Früher ging ich leidenschaftlich gern tauchen», erzählt sie. Das kann sie jetzt nicht mehr: «Das Lungenvolumen ist zu klein, um der Anstrengung standzuhalten.» Auch Wanderungen muss sie neu planen: «Für Strecken, die ich in einer Stunde bewältigte, brauche ich heute drei Stunden.»
Minerva-Herstellerin Berlis AG schreibt, sie empfehle Minerva nur bei mittelschwerer bis schwerer Akne, wie es in der Packungsbeilage erwähnt sei.
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