Pascal Chevallier aus Hinterkappelen BE liess sich im Juli 2019 wegen Verdauungsbeschwerden von einem Magen-Darm-Spezialisten untersuchen. Dieser führte unter anderem eine Darmspiegelung durch. Pascal Chevallier schickte die Rechnung wie immer der Krankenkasse Steffis-burg. Der 59-Jährige war dort bis Dezember 2019 im Hausarztmodell versichert. Bei diesem Modell müssen die Patienten zuerst zu ihrem Hausarzt gehen, bevor sie sich von einem Spezialarzt untersuchen lassen. So sparen sie Prämien.
Kasse erhielt kein Überweisungsformular
Pascal Chevallier erlebte eine unangenehme Überraschung: Die Krankenkasse Steffisburg weigerte sich, die Rechnung des Gastroenterologen von rund 1300 Franken zu zahlen. Begründung: Im Hausarztmodell versicherte Patienten müssten der Kasse immer eine schriftliche, vom Hausarzt ausgestellte Überweisung an den Spezialarzt senden. Sie habe aber keine Überweisung erhalten.
Chevallier wundert sich: «Ich gehe immer zuerst zum Hausarzt, bevor ich einen Spezialisten aufsuche – auch vor der Untersuchung beim Gastroenterologen.» Das Problem: Sein Hausarzt hatte vergessen, die Überweisung rechtzeitig zu schreiben. Dazu hätte er dem Patienten ein Papierformular geben müssen. Dieses hätte Chevallier dem Spezialisten bringen müssen. So will es das System der Kasse Steffisburg: Sie hat ein sogenanntes Listenmodell (siehe Tabelle im PDF). «Dieses verursacht unnötigen Aufwand bei allen Beteiligten», sagt der Hausarzt Martin Frei-Erb aus Thun BE.
Immerhin: Pascal Chevallier entsteht aus der Vergesslichkeit seines Hausarztes kein Nachteil. Dieser haftet für die Folge seiner Unsorgfalt und muss die entstandenen Mehrkosten ersetzen.
Echtes Hausarztmodell funktioniert besser
Beim Netzwerkmodell stellt der Hausarzt die Überweisung der Kasse elektronisch zu. Falls er es vergisst, erinnert ihn das elektronische System daran. Auch Gesund-heitstipp-Arzt Thomas Walser empfiehlt dieses Modell. Zudem sei «die Behandlung in der Regel besser, effizienter und günstiger».
Die Steffisburger Kasse sagt, sie verwende für einige Versicherungsmodelle elektronische Systeme. Das Listenmodell sei für die Kassen günstiger und flexibler. Es sei für die Hausärzte mit keinem Mehraufwand verbunden. Eine nachträglich ausgestellte Überweisung verstosse gegen die Bestimmungen.
Assura und Groupe Mutuel erklären, Patienten könnten die Überweisung auch im Nachhinein einreichen. Die Sanitas schreibt, sie verwende keine Papierformulare. Falls Kunden sich nicht an die Vorgaben hielten, weise man sie auf die Regeln hin, zahle aber die Rechnungen. Ein Visana-Sprecher sagt, der Vorteil des Listenmodells sei die geografische Abdeckung.