Abtasten beim Frauenarzt beugt Krebs nicht vor

Frauenärzte untersuchen oft Gebärmutter und Eierstöcke ihrer Patientinnen mit der Hand. Das bringt keinen Nutzen, belegen nun immer mehr Studien.

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Gesundheitstipp 03/2012

10.03.2012

Letzte Aktualisierung:
13.03.2012

Isabelle Meier

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Das Abtasten der Gebärmutter und Eierstöcke beim Frauenarzt ist für Patientinnen nicht angenehm. Nun kommen immer mehr Studien zum Schluss: Der Untersuch schützt Patientinnen weder vor Krebs, noch kann er sexuell übertragene Krankheiten entdecken, wie das Frauenärzte oft behaupten.

So hat zum Beispiel das National Cancer Institute in den USA verschiedene Studien über Vorsorgemethoden verglichen. Resultat: Kein einziger Fall von Eierstockkrebs konnte allein durch Abtasten gefunden werden. Wissenschafterin Carolyn Westhoff kommt deshalb im «Journal of Women’s Health» zum Schluss: «Das Abtasten ist ein gutes Beispiel dafür, dass weniger manchmal mehr ist.»

Analia Stormo vom Center for Disease Control and Prevention in Atlanta schlägt jetzt Alarm: In den USA würden noch viel zu viele Frauenärzte den Untersuch als Vorsorge bezeichnen. Das staatliche Institut hat den Auftrag, die Gesundheit der Bevölkerung zu schützen.

Abtasten kann falschen Alarm auslösen

Forscherin Stormo und ihre Kollegen hatten 1250 Ärztinnen und Ärzte befragt. Resultat: Die meisten tasten ihre Patientinnen bei jeder Routineuntersuchung ab. 95 Prozent der Frauenärzte führen sie gar als Krebsvorsorge durch, zwischen 68 und 92 Prozent, um sexuell übertragbare Krankheiten zu erkennen oder bevor sie die Antibabypille verschreiben. Analia Stormo: «Das ist besorgniserregend. Das Abtasten kann falschen Alarm auslösen, was zu unnötigen Tests und Untersuchungen führen kann.»

Nicht nur in den USA, auch in der Schweiz gehört das Abtasten des Unterleibs zum Kontrolluntersuch, zu dem Frauen alle ein bis zwei Jahre gehen. Das bestätigt Jacques Seydoux, Präsident der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe. Er räumt ein, dass Fachleute den Nutzen «seit einigen Jahren» anzweifeln.

Frauenärzte halten am Untersuch fest

In der Tat sind sich viele Frauenärzte bewusst, dass der Vorsorgetest keinen gesundheitlichen Nutzen hat. Dennoch machen sie ihn. Zum Beispiel Regina Widmer aus Solothurn. Sie habe die Untersuchung oft weggelassen. «Doch das habe ich manchmal bereut.» Sie sei sicher, sie hätte dadurch Behandlungen verpasst. Heute tastet sie ihre Patientinnen wieder häufiger ab.

Ähnlich äussert sich Frauenärztin Dorin Ritzmann aus Dietikon ZH. Bei ihr gehört der Tastuntersuch zur Routine. Es sei zwar in einem «engen Rahmen» gesehen korrekt, dass es für Abtastuntersuche keine Wirkbelege gebe: «Niemand kann so einen frühen Eierstockkrebs finden oder etwa eine Geschlechtskrankheit erkennen.» Doch beim Abtasten erhielten Ärzte einen Gesamteindruck des kleinen Beckens. Sie merkten, ob Muskeln verspannt sind und wie beweglich das Becken ist. Mit der Zeit wüssten Ärzte schnell und präzise, welche Patientinnen man weiter abklären sollte und welche nicht, so Ritzmann.

Ausserdem ist die Frauenärztin überzeugt: «Das Berühren des Körpers bringt ein Vielfaches an Informationen im Vergleich zu einer technischen Untersuchung wie Ultraschall.» Mit dem Sehen und Berühren des Körpers sowie dem Befragen bekomme die Patientin ein besseres Gefühl für ihren Körper. Das sei manchmal ein heilsamer und klärender Prozess.

Frauen, die sich die Antibabypille verschreiben lassen wollen, tastet Ritzmann allerdings nicht ab: «Besser ist es, Gebärmutter und Eierstöcke abzutasten, nachdem die Frau ein Jahr lang die Pille genommen hat.»

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