Die Telecomkonzerne bauen ihre Antennennetze ständig aus. Die neue Mobilfunktechnik 5G soll schnelleres Internet liefern. Die Firmen behaupten, die 5G-Antennen würden die Strahlung nicht verstärken oder sie sogar vermindern. Doch eine aktuelle Studie des Bundes zeigt, dass das nicht stimmt.
Das Fazit lautet: Die Strahlung hat von 2021 bis 2023 zugenommen. Die Spitzenwerte stiegen demnach im Durchschnitt von 1,5 auf 1,7 Volt pro Meter. Die Autoren der Studie führen die Zunahme der Strahlung «hauptsächlich» auf die 5G-Technik zurück.
Der Gesundheitstipp hat die Daten der Studie ausgewertet. Dabei zeigte sich: Zwischen 2021 und 2023 stiegen die Strahlenwerte durch 5G in Städten um 67 Prozent, in Transportbussen sogar um 356 Prozent. Auch die gemessenen Mittelwerte erhöhten sich, wenn auch weniger ausgeprägt.
«Immer mehr Handys benutzen die 5G-Technik»
Den Elektrosmogexperten Peter Schlegel aus Esslingen ZH erstaunt die Zunahme nicht: «Die Zahl der 5G-Antennen hat zugenommen. Das gilt auch für die Zahl der 5G-Handys.» Gemäss Schlegel hat das für viele Leute spürbare Folgen: «Die Symptome der Betroffenen wurden in den letzten Jahren stärker.»
Der Grund dafür liegt gemäss Schlegel bei der speziellen 5G-Technik: Die sogenannten adaptiven Antennen strahlen nicht gegen alle Seiten gleichmässig wie ältere Antennen, sondern bündeln die Strahlung und senden sie dorthin, wo sich die verbundenen Mobilgeräte befinden. Die Sendeleistung ist dabei je nach Ort bis um das Zehnfache erhöht («Saldo» 12/2022).
Abgeschirmte Räume schützen vor Strahlen
Gesundheitstipp-Leser bestätigen, dass sie die Strahlen stärker spüren als früher. Der 62-jährige Felix Grässli aus Basel etwa leidet seit mehreren Jahren unter Elektrosmog. Er reagiert auf die Strahlen mit Kopfschmerzen und Schlafproblemen. Deshalb hat er seine Wohnung vollständig abgeschirmt. «Da ich mich meistens in der Wohnung oder im Wald aufhalte, kann mir die Strahlung nicht mehr viel anhaben», sagt Grässli.
Eine Fallstudie des ehemaligen Krebsarztes und Mobilfunkforschers Lennart Hardell vom Unispital Örebro in Schweden zeigte vor zwei Jahren: Ein Ehepaar, über dessen Schlafzimmer eine 5G-Antenne installiert wurde, litt unter Tinnitus und Erschöpfung, an Schlafproblemen und weiteren Beschwerden. Als die beiden ihren Schlafplatz verlegten, ging es ihnen wieder besser.
5G-Antennen überschreiten Grenzwerte
Die Daten der Studie zeigen: Die Strahlung nahm an Orten, an denen viele 5G-Verbindungen auf engem Raum aktiv sind, besonders stark zu – also zum Beispiel an Tramhaltestellen, in Zügen und Supermärkten. Niggi Polt, Co-Präsident des Vereins Diagnose-Funk, kritisiert, der Nationalrat und der Bundesrat hätten zugelassen, dass die Strahlung der adaptiven Antennen den Grenzwert übersteige. Dies sei mit einem «Trick» möglich: Das Bundesamt für Umwelt berücksichtigt nicht mehr den Spitzenwert der Antennen, sondern den Mittelwert während sechs Minuten.
So kommen die Spitzenwerte nicht zur Geltung. Damit entstehe der Eindruck, dass die Strahlung den Grenzwert nicht überschreite, sagt Niggi Polt. Der Schweizerische Verband der Telekommunikation sagt zur Studie, die Zahl der 5GHandys sei stark angewachsen. Darum sei es verständlich, dass Immissionen durch Mobilfunk «punktuell» zugenommen hätten. Laut Verband hängt die Zunahme auch mit den Massnahmen während der Coronapandemie zusammen: Im Jahr 2023 hätten mehr Personen öffentliche Verkehrsmittel benutzt als zwei Jahre zuvor.
So erleben Gesundheitstipp-Leser die 5G-Strahlen
Marcel Bolli, 51, Steckborn TG
«Ich kämpfe häufiger als früher mit Schwindel und starken Konzentrationsproblemen. Oft schlafe ich pro Nacht nur noch vier bis sechs Stunden.»
Felix Grässli, 62, Basel
«Ich reagiere auf die Strahlen mit starkem Kopfweh, Schlafproblemen und Übelkeit. Seit ich die Wohnung abgeschirmt habe, geht es mir besser.»
Marlene Schmid, 56, Jona SG
«Neben meinem Wohnhaus steht eine 5G-Antenne. Ich schlafe schlecht und habe Schmerzen in den Gelenken. Mein Mann hat oft Kopfweh.»