Die Firma Lindarenmed aus St. Gallen bezeichnet sich auf ihrer Website als «führende Adresse für Komplementärmedizin und natürliche Vitalstoffe». Die Firma verkauft nicht nur Produkte, sondern führt auch eine Naturheilpraxis. Firmenchefin Selda Tatli tritt regelmässig in der TV-Sendung «Heilkunde» auf Tele Züri und in Youtube-Videos auf. Dort macht sie Werbung für ihre Firma (Gesundheitstipp 11/2018).
Die 77-jährige Mutter von Yvonne Greutmann aus Thayngen SH bestellte vergangenen August Tabletten mit Chinesischem Raupenpilz. Kosten: 339 Franken. Im Oktober und im Februar rief die Verkäuferin wieder an und verkaufte der Frau neue Präparate. Darunter waren Produkte wie Lindashark Forte mit Methylsulfonylmethan, Omega-3, Weihrauchbalsam und Cannabispastillen mit CBD. Insgesamt kaufte Yvonne Greutmanns Mutter bei der Firma Präparate für 1790 Franken. Ihre Tochter ist entsetzt: «Obwohl meine Mutter Tabletten aus der letzten Lieferung noch nicht eingenommen hat, verkaufte man ihr kurz darauf wieder neue Produkte.»
Greutmanns Mutter hat Arthrose und Ischiasschmerzen. Gemäss den Empfehlungen von Lindarenmed sollte sie jeden Tag 13 verschiedene Pillen gegen ihre Schmerzen nehmen. Yvonne Greutmann sagt: «Meine Mutter ist mit den vielen Tabletten überfordert. Kürzlich gab sie mir eine Packung mit Cannabispastillen und sagte, ich könne diese sicher gut brauchen.»
Gesundheitstipp-Arzt Thomas Walser hat die Präparate geprüft. Fazit: «Das ist eine unerklärliche Mischung von obskuren Produkten.» Tabletten gegen Rheuma mit Glucosamin, Chondroitinsulfat und Methylsulfonylmethan seien «nachweislich unwirksam». Auch die Wirkung des Chinesischen Raupenpilzes sei nicht belegt.
Oft ist unklar, was die Produkte enthalten
Fachleute empfehlen, keine solchen Produkte im Internet oder per Telefon zu bestellen. Der Telefonverkauf ist laut Thomas Walser «höchst bedenklich», weil die Verkäufer meist zu wenig Informationen über die Gesundheit der Kunden hätten. Zudem ist oft unklar, was in den Produkten drin ist. Bei einer Kontrolle stellte etwa das Aargauer Amt für Verbraucherschutz fest, dass 20 von 39 Produkten zu viel von gewissen Wirkstoffen enthielten. Darunter war auch der in Lindashark-Kapseln enthaltene Stoff Methylsulfonylmethan.Weiteres Problem: Gemäss dem Berner Arzneimittelexperten Bernhard Lauterburg können die Produkte die Wirkung von Medikamenten stören: «Wenn ein Patient gleichzeitig anerkannte Medikamente einnimmt, kann ein solches Präparat deren Abbau beschleunigen oder hemmen.»
Lindarenmed schreibt, ihre Produkte seien «nachweislich wirksam». Die Verkäufer würden die Kunden darauf hinweisen, dass es sich nicht um Heilmittel handle. Die Kunden über ihren Gesundheitszustand zu befragen, sei nicht nötig, denn Lindarenmed-Produkte würden der Gesundheit nicht schaden.
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