Olumiant ist ein starkes Rheumamittel. Es unterdrückt das Immunsystem und verhindert so Entzündungen im Körper. Der Preis ist eklatant hoch, fast so hoch wie ein teures Krebsmedikament: 1400 Franken pro Monat.
Nur will es Hersteller Lilly auch gegen eine Krankheit vermarkten, die weder Schmerzen verursacht noch ein Lebensrisiko darstellt: den kreisrunden Haarausfall – einen Immundefekt, der die Haarfollikel chronisch schädigt. In seltenen Fällen kommt es zum vollständigen Haarverlust an Kopf und Gesicht. In Deutschland bekam Lilly bereits die Zulassung, in der Schweiz ist ein entsprechendes Gesuch hängig, wie die Heilmittelbehörde Swissmedic dem Gesundheitstipp bestätigt.
Doch trotz dem hohen Preis ist die Wirkung von Olumiant bescheiden. Eine Studie im renommierten Fachblatt «New England Journal of Medicine» vom Frühling zeigte Folgendes auf: Von 1200 Studienteilnehmern, die das Mittel neun Monate lang schluckten, bekam nur jeder Dritte seine Haarpracht zurück – das heisst zu mehr als 80 Prozent. Alle anderen mussten sich mit unregelmässigem Haarbewuchs zufriedengeben. Finanziert hatte die Studie Lilly.
Doch das Entscheidende klärte die Studie gar nicht erst ab: ob es den Patienten nachher psychisch wieder besser geht.
Setzt man Olumiant ab, fallen Haare wieder aus
Etzel Gysling, Arzt und Herausgeber des Fachblatts «Pharma-Kritik», kritisiert: «Es wäre besser, das subjektive Befinden der Betroffenen zu erfassen statt nur die Fläche der nachgewachsenen Haare.»
Setzten die Studienteilnehmer das Medikament ab, fielen ihnen die Haare wieder aus. Das heisst: Patienten müssen das Medikament dauerhaft nehmen – Kosten pro Jahr: 17000 Franken. Allerdings ist unklar, was das Medikament im Körper anrichtet, wenn man es so lange nimmt. Bis heute sind viele Nebenwirkungen von Olumiant bekannt. Zu den häufigsten gehören das Verschlechtern der Blutfettwerte, Übelkeit oder Infektionen der oberen Atemwege.
Fachleute beobachteten aber auch schwere Nebenwirkungen wie Blutgerinnsel, Lungenembolien, Herzinfarkt oder Krebs. Arzt Gysling: «Neun Monate genügen nicht, um Nebenwirkungen richtig beurteilen zu können.» Sein Fazit: «Wenn ich kreisrunden Haarausfall hätte, würde ich vorläufig auf diese Behandlung verzichten.»