Thomas Ammeter aus Vitznau LU bestellt gelegentlich im Ausland den Nasenspray Otriven. Dessen Wirkstoff lässt die Schleimhaut abschwellen. Im Januar kaufte der 51-Jährige bei der deutschen Versandapotheke Ipill.de 30 Flaschen. Grund: Er zahlt dafür einen Fünftel des Preises. Otrivin kostet in der Schweiz 13 Franken, das ähnlich zusammengesetzte Otriven aus Deutschland nur Euro 2.50.
Die Heilmittelbehörde Swissmedic duldet das nicht. Sie beschlagnahmte und vernichtete die Sprays und büsste den Luzerner mit 1500 Franken plus Verfahrenskosten von 360 Franken. Dies geht aus dem Strafbescheid hervor, der dem Gesundheitstipp vorliegt.
Die Behörde begründet, Private dürften Medikamente «nur für den persönlichen Eigenbedarf und lediglich in kleiner Menge» importieren. Als «kleine Menge» gilt laut Swissmedic die Menge, die man gemäss Angaben des Herstellers während eines Monats einnehmen darf. Bei Otrivin ist dies eine einzige Flasche.
Doch Thomas Ammeter braucht viel mehr: Er ist abhängig. «Ein Spray ist bei mir schon nach zwei Tagen leer», sagt er. Angefangen hat es vor 20 Jahren. In einer Apotheke kaufte er erstmals Otrivin. «Die Erkältung war bald weg, aber am Spray blieb ich hängen», sagt Ammeter. Wenn er keinen hat, sei seine Nase «komplett zu».
Abhängigkeit ist eine bekannte Nebenwirkung des Sprays. Swissmedic kümmert das nicht. Im Urteil steht: «Das ändert nichts an der Strafbarkeit.»
Rechtslage nicht so klar, wie Swissmedic sagt
Schon früher kritisierten Experten das Vorgehen von Swissmedic (Gesundheitstipp 2/2022). Denn die Rechtslage ist nicht so klar, wie die Behörde schreibt. Das Heilmittelgesetz legt keine bestimmte Grenze fest für den Einkauf von Medikamenten aus dem Ausland. Der Basler Wirtschaftsprofessor Stefan Felder sieht nicht ein, weshalb Ammeter das Medikament nicht in Deutschland bestellen darf. «Das ist eine reine Abschottung des Marktes», sagt er. Er spricht von «Heimatschutz zulasten der Patienten».
Swissmedic schreibt, die erlaubte Menge an Medikamenten bemesse sich «nicht nach individuellen Bedürfnissen der Konsumenten», sondern nach der Dosierung gemäss Packungsbeilage. Die festgelegte Höchstmenge sei durch das Bundesverwaltungsgericht bestätigt worden.