Menu Surprise - Klo-Burger und Schimmelpilz
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Gesundheitstipp 4/2001
01.04.2001
Not macht erfinderisch. Im Ersten Weltkrieg erfand Konrad Adenauer, der spätere deutsche Bundeskanzler, eine mit Blut gefärbte Sojawurst als Eiweisslieferant. Die Lebensmittelchemiker im Mangelland DDR machten aus Schlachtblutplasma Kaviar. Gezuckerte und zähflüssig gekochte Erbsen verwendeten sie als Füllung für Schokopralinen. In der Schweiz herrscht kein Eiweissmangel. Im Gegenteil: Die Bevölkerung verzehrt etwa doppelt so viel Eiweiss wie empfohlen. Dennoch hat hierzulande ein Kunst-E...
Not macht erfinderisch. Im Ersten Weltkrieg erfand Konrad Adenauer, der spätere deutsche Bundeskanzler, eine mit Blut gefärbte Sojawurst als Eiweisslieferant. Die Lebensmittelchemiker im Mangelland DDR machten aus Schlachtblutplasma Kaviar. Gezuckerte und zähflüssig gekochte Erbsen verwendeten sie als Füllung für Schokopralinen. In der Schweiz herrscht kein Eiweissmangel. Im Gegenteil: Die Bevölkerung verzehrt etwa doppelt so viel Eiweiss wie empfohlen. Dennoch hat hierzulande ein Kunst-Erzeugnis Einzug gehalten, das Eiweiss liefern soll: Quorn.
Quorn ist ein Fleischersatz, der aus einem Schimmelpilz namens Fusarium venenatum gewonnen wird. Die Migros verkauft Quorn-Produkte unter vertrauten Bezeichnungen wie «Geschnetzeltes nature» oder «Schnitzel paniert».
Doch Quorn hat weder mit Schnitzel noch mit Natur viel zu tun. Der Schimmelpilz ist als Pflanzenschädling gefürchtet. Damit er essbar wird, muss er in riesigen Silos in einer speziellen Nährlösung wachsen. Die Techniker erhitzen diese Suppe mit Eiweisspulver und pflanzlichen Geschmacksstoffen. Dann frieren sie die Mischung ein.
In Deutschland mieden die Leute das testweise eingeführte Quorn, weil sie Lebensmittel aus Schimmelpilzen nicht sehr appetitlich fanden. Auch die Migros räumt ein, dass Schimmelpilz-Allergiker das Quorn meiden sollten.
Vielleicht wäre es gut, die Innovationen der Lebensmitteltechniker generell nach der Herkunft zu beurteilen. Wie jenen Fleischersatz aus Japan, der aus Klärschlamm gewonnen und daher «Klo-Burger» genannt wurde. Nur ein Versuch, versicherte Erfinder Mitsuyuki Ikeda: «Wahrscheinlich werden die Leute sowas nur in Zeiten grosser Hungersnot essen.» Die Not ist, gottlob, hierzulande so gross nicht. Wer kein Fleisch mag, kann Tomaten essen, eine Champignon-Cremesuppe oder Steinpilz-Risotto. Das schmeckt einfach besser und ist appetitlicher als Schimmelpilz-Geschnetzeltes.